Perus Fortschritt – Rückschritt für indigene Rechte. Extraktive Industrie führt zu sozialer Ungerechtigkeit und Umweltzerstörung

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Perus Fortschritt – Rückschritt für indigene Rechte. Extraktive Industrie führt zu sozialer Ungerechtigkeit und Umweltzerstörung

Perus Fortschritt – Rückschritt für indigene Rechte. Extraktive Industrie führt zu sozialer Ungerechtigkeit und Umweltzerstörung

Klima-Bündnis Lëtzebuerg Aus der Praxis 8 August 2014

Pressemitteilung  zum Internationalen Tag der indigenen Völker weltweit am 9. August 2014.

Peru ist ein reiches Land. Reich an natürlichen Ökosystemen, einer unglaublichen biologischen und kulturellen Vielfalt, an Bodenschätzen wie Gold und Silber im Andenhochland und Erdöl und -gas im Amazonasgebiet. Reich an Menschen und vielen verschiedenen indigenen Völkern. Doch dieser Reichtum führt nicht zum viel beschworenen nationalen Fortschritt und einem „guten Leben“ für alle. Im Gegenteil: Die Ausbeutung der fossilen Ressourcen führt zu sozialen Konflikten, zur Verletzung der Menschen- und speziell der indigenen Rechte, zu Armut und der Zerstörung der Umwelt in immensen Ausmaßen.

Tatort Andenhochland

Die Nachrichten, die uns dieser Tage aus Peru erreichen, sind erschreckend: Máxima Acuña Chaupe, eine indigene Bäuerin aus dem nördlichen Andenhochland, wurde diese Woche zu einer Bewährungsstrafe von fast drei Jahren und einer Geldstrafe von 1.000 US-Dollar verurteilt. Aber was hat sie verbrochen?

Máxima lebt mit ihrer Familie auf ihrem Hof und ihrem Land in der Nähe von Celendín, Provinz Cajamarca. Hier befindet sich auch die größte Goldmine Lateinamerikas: Yanacocha. Eine Erweiterung ist das umstrittene Projekt „Conga“ im Nordosten. Auch hier soll Gold wie auch Kupfer im Tagebau gewonnen werden. Seit Jahren kauft die Minengesellschaft, ein Konsortium aus Newmont, Buenaventura und des IFC (Weltbank), das umliegende Land auf – teils gegen großen Widerstand der Landbevölkerung, denn sie verliert ihre Lebensgrundlage. Máxima und ihre Familie wollen ihr Land nicht verkaufen. Sie werden deshalb immer wieder bedroht und attackiert.

Im August 2011 verschaffen sich Sicherheitsbeamte des Bergbauunternehmens mit Unterstützung der Polizei gewaltsam Zutritt zu ihrem Hof. Die Familie wird verprügelt, vertrieben, ihr Hab und Gut zerstört. Ihnen wird vorgeworfen, nicht die rechtmäßigen Eigentümer des Landes zu sein. Máxima wehrt sich gegen die Enteignung ihres Landes, erstattet Anzeige und geht vor Gericht.

Am 5. August 2014 wurden Máxima, ihr Mann und zwei weitere Familienmitglieder vor dem Gericht in Celendín schuldig gesprochen. Ihnen wird vorgeworfen illegal Land von Yanacocha zu besetzen. Ihre Anwältin hat Berufung eingelegt.

Tatort Amazonasgebiet

Im Mai und Juli dieses Jahres bricht eine Pipeline in der Nähe der indigenen Gemeinde Cuninico, Provinz Loreto im peruanischen Amazonasgebiet. Mehrere Quadratkilometer Regenwald sind betroffen. Der Unfall wird vom nationalen Erdölunternehmen Petroperú offiziell nicht bestätigt, die Bevölkerung nicht gewarnt. Leidtragende sind verschiedene Kukama-Gemeinden rund um den Río Marañon und seiner Zuflüsse: Wasser und Boden sind verseucht, in den Flüssen treiben tote Fische, Tiere verenden im Erdöl. In Teilen der Region wird der Notstand ausgerufen. Die indigene Bevölkerung erhält kaum Unterstützung, junge Männer werden als Tagelöhner rekrutiert. Ohne Schutzkleidung versuchen sie das ausgelaufene Rohöl aufzusammeln.

Während der Delegationsreise des Klima-Bündnis im Juni 2015 nach Peru (siehe Pressemitteilung des Klima-Bündnis vom 12. Juni 2014) konnten sich die Teilnehmer/-innen mit eigenen Augen ein Bild von den Folgen unseres Konsums an Rohstoffen machen. Ein Treffen mit Máxima Chaupe, die ihre Geschichte erzählte, war für alle sehr bewegend. Im Amazonasgebiet besuchte die Delegation u. a. die Kukama-Gemeinde „Dos de Mayo“, die über die Auswirkungen der Erdölförderung und der jüngsten Zwischenfälle berichtete. Die europäische Delegation solidarisierte sich mit dem Protestcamp verschiedener indigener Gemeindevertreter/-innen auf einem Hauptplatz von Iquitos. Sie forderten von der peruanischen Regierung Gehör und eine Strategie zur Lösung des Umweltdesasters.

Holger Matthäus, Senator für Bau und Umwelt der Hansestadt Rostock, Vorstandsmitglied des Klima-Bündnis und Teilnehmer der diesjährigen Delegationsreise: „Nirgends sind Menschen- und Umweltrechte so eng miteinander verknüpft wie bei indigenen Völkern. Gerade unsere deutsche Regierung sollte bei Umsetzung des peruanisch-deutschen Vertrags über die gemeinsame Erschließung von Bodenschätzen, den sie im Juli 2014 unterzeichnet hat, auf die konsequente Einhaltung europäischer Standards achten!“

Menschenrechts- und Umweltorganisationen kritisieren dieses Abkommen. Die darin vereinbarten Mechanismen zur Achtung der Menschenrechte sind sehr vage. Zwar gibt es in Peru viele gesetzliche Regelungen zum Schutz der Umwelt und der Menschenrechte – Peru hat u. a. die Konvention Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO 169) unterzeichnet – jedoch kommen diese nicht immer zur Anwendung. Das diesjährige Motto der Vereinten Nationen zum „Internationalen Tag der indigenen Völker weltweit“ lautet: „Die Lücke schließen: Indigene Rechte implementieren“ und hat damit erkannt, dass es nicht nur um eine Verbesserung des Rechtsrahmens indigener Völker geht, sondern vor allem um die Durch- und Umsetzung ihrer Rechte. Holger Matthäus: „Als Bündnispartner indigener Völker steht das Klima-Bündnis beratend, aber auch kontrollierend zur Seite.“

Frankfurt am Main, 8. August 2014

 

Weitere Informationen:

Silke Lunnebach, s.lunnebach@klimabuendnis.org, Telefon: +49 69 71 71 39-32

Fotos zum Download: http://indigene.de/news.html

Facebook-Seite des EU-Projekts „From Overconsumption to Solidarity“ mit vielen Informationen zum Thema und zur Delegationsreise: https://www.facebook.com/OverconsumptionToSolidarity?fref=ts

Blog von Emil Benesch, Klimabündnis Österreich zur Delegationsreise: https://klimabuendnis.wordpress.com/2014/07/03/das-klimabundnis-auf-den-spuren-des-el-dorado-in-peru/

Artikel von Klima-Bündnis Luxemburg / ASTM: http://https://www.klimabuendnis.lu/de/news/Klima-Bndnis-Studienreise-nach-Peru-2030-0.html

Pressemitteilung des Klima-Bündnis zur Delegationsreise http://www.klimabuendnis.org/317.0.html?&L=1&tx_ttnews[tt_news]=2109&tx_ttnews[backPid]=316&cHash=4719d74d49d1145a9e8a9d0c4b809c0a

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